Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Herr Staatsminister Robra hat sowohl in der letzten Landtagssitzung als auch am 19. April im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien sowie Kultur erläutert, dass das Land Sachsen-Anhalt einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 - so, wie es die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten empfohlen hat, nicht zustimmen wird. Ähnlich hat sich auch Sachsens CDU-Medienminister Oliver Schenk äußert. Er will frühestens ab dem Jahr 2027 einen neuen Rundfunkbeitrag festgesetzt sehen. Wie Herr Robra ausführte, geht er von einer Klage der Sendeanstalten beim Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Beitrag nicht erhöht werden sollte. 

Bedeutet das, dass die Landesregierung die Beitragserhöhung durch das Bundesverfassungsgericht erledigt sehen will, statt selbst einen Staatsvertrag zu verhandeln?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Minister Robra, bitte.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Abg. Frederking, das ist eine sehr eigenwillige Sicht dessen, was ich gesagt habe. Kein Land ist in der Lage, rechtzeitig zum 1. Januar 2025 einen Staatsvertrag, der auf die Empfehlung der KEF zurückgreift, zu verabschieden. Das hängt von vielen objektiven Umständen ab, die ich bereits dargelegt habe und die auch Kolleginnen und Kollegen aus der Rundfunkkommission dargelegt haben. Das sind nicht nur die Wahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Thüringen und Sachsen, sondern das ist einfach auch die Erkenntnis, dass die Empfehlung der KEF auf Umständen beruht, auf einer Anmeldung der Anstalten beruht, die ihrerseits Rahmendaten zugrunde legen, die in absehbarer Zeit überholt sein werden, weil der Reformprozess dynamisch verläuft. 

Um es ganz konkret und allgemein verständlich zu sagen: Wir wollen die Rundfunkbeitragszahler nicht von einer Ecke in die andere jagen und nicht heute Beitragserhöhungen beschließen, um morgen festzustellen, dass sie in dieser Höhe und in dieser Form gar nicht nötig sind, weil Reformmaßnahmen eben doch schon früher greifen können. Deswegen haben wir das Sondergutachten bei der KEF bestellt - das ist publiziert worden; das kann man nachlesen - und erwarten, dass die KEF sich damit auseinandersetzt. Diesbezüglich haben wir auch gar keine Sorgen, weil die KEF schon erklärt hat, dass sie diesen Auftrag gern erfüllen möchte. Dann werden wir weitersehen. 

Nur: Das alles geht nicht in einem Zeitfenster, das sich schon im Dezember 2024 schließt. Außerdem kommen noch die Ratifikationen in den Ländern hinzu. Das muss man realistisch sehen. Niemand darf hierbei irgendjemanden überfordern. Deswegen ist sich die Rundfunkkommission, sind sich alle 16 Länder einschließlich Baden-Württemberg darin einig, dass wir das im Jahr 2024 nicht mehr abschließend festlegen können, sodass es zum 1. Januar 2025 wirksam werden kann.

Nein, wir wollen die Festsetzung des Beitrages nicht dem Bundesverfassungsgericht überlassen. Vielmehr soll das in der souveränen Entscheidung der Länder liegen. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - auch das habe ich, glaube ich, im Ausschuss schon erwähnt - sieht gar keine Fristen vor, sondern regelt lediglich, dass die Rundfunkkommission auf der Grundlage der KEF-Empfehlung entscheidet - natürlich unverzüglich, ohne schuldhaftes Zögern, mit der gebotenen Beschleunigung, aber auch nicht so, dass am Ende etwas Unvernünftiges dabei herauskommt. 

Aus den Anstalten hört man auf unterschiedlichen Ebenen, auch aus den dortigen Gremien, dass zumindest einige Anstalten noch vor Ablauf dieses Jahres das Bundesverfassungsgericht anrufen wollen. Dazu brauche ich mich nicht zu äußern. Das ist die souveräne Entscheidung der Intendantinnen und Intendanten sowie ggf. auch ihrer Gremien. Ich hielte eine solche Anrufung des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr definitiv für verfrüht. 

(Zustimmung bei der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Es gibt eine Nachfrage? - Bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Ich habe eine Nachfrage. Sie nannten die Zeitabläufe und die Reformen. Dazu lautet meine Frage: Mit welchen Maßnahmen und in welcher Zeit     Ich frage jetzt ganz konkret. Sie sagten, den 1. Januar 2025 können wir nicht schaffen. Aber was ist denn zu schaffen? Herr Schenk stellt sich offensichtlich den 1. Januar 2027 vor.

Mit welchen Maßnahmen und in welcher Zeit will die Landesregierung erreichen, dass es keine Finanzierungslücken gibt und zu jedem Zeitpunkt für die Sendeanstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleistet ist, dass sie gemäß ihrem Auftrag auskömmlich finanziert sind? Denn sie haben die Bedarfe angemeldet. Dabei ist herausgekommen, sie brauchen diese 58 ct. Wenn diese nicht kommen, ist davon auszugehen, dass es Finanzierungslücken geben wird. 


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister): 

Der Kollege Schenk hat bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt und publiziert - das ist auch bei den Medientagen Mitteldeutschland kürzlich in Leipzig deutlich geworden; die Anstalten haben, soweit sie anwesend waren, diesbezüglich auch gar nicht widersprochen  : Es gibt Rücklagen, und wenn der Rundfunkbeitrag in erhöhter Form nicht zum 1. Januar 2025 wirksam wird, dann können die Rücklagen angezapft werden. 

Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, wie weit diese Rücklagen tragen. Ich halte den Zeithorizont von etwa zwei Jahren für rechnerisch gut nachvollziehbar. Vor allen Dingen dann, wenn die Anstalten schon heute mit dem Sparen beginnen, gestern mit dem Sparen begonnen hätten, kommen sie damit auch in dieser Zeit über die Runden.

Richtig ist allerdings - auch darüber hat der Kollege Schenk niemanden im Unklaren gelassen  , dass für den Fall, dass wir im Laufe der Jahre 2025 und 2026 keine spürbaren Einsparungen erwirtschaften können oder Rahmenbedingungen schaffen können, in denen diese Einsparungen realisiert werden können, die Fallhöhe 2027 höher wäre. 

Das ist uns allen in der Rundfunkkommission sehr bewusst; wir achten darauf auch. Aber Sie überschätzen an dieser Stelle auch die Möglichkeiten eines einzelnen Landes, ganz für sich den anderen 15 Ländern Vorgaben zu machen.

Diese Frage könnten Sie ohne Weiteres über Ihre Fraktion in den Landesparlamenten den Kolleginnen und Kollegen der Rundfunkkommission ebenso stellen. Wir sind dabei auch immer im Geleitzug auf diejenigen angewiesen, die etwas schneller sein oder eben auch die Dinge etwas langsamer vorantreiben wollen. Insofern kann Ihnen jetzt keinen Zeitstrahl liefern, der so verlässlich ist, wie ein historischer Zeitstrahl, der auf Erfahrungswissen aus der Vergangenheit aufbaut. Das ist bekanntermaßen mit der Zukunft immer so ein Problem.

In diesem Sinne werden wir uns alle bemühen, so schnell wie möglich für Klarheit zu sorgen, aber immer auch die Belange der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler gleichgewichtig mit denen der Rundfunkanstalten würdigen; denn wir brauchen Akzeptanz.

(Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)